In den 80ern- Endlich Gemeinsamer Unterricht mit behinderten und nichtbehinderten Kindern
1980
Unser letzter Hauptschuljahrgang wird entlassen: 33 Mädchen und 26 Jungen, davon 36 mit Fachoberschulreife. Sie haben ihr letztes Schuljahr im „Blauen Haus“ verbracht. Ilse, Hannelore, Hans-Günter und Werner waren die letzten Hauptschullehrerinnen und -lehrer der Petersen-Schule Am Rosenmaar. Alle vier sind danach in den Grundschulteil gewechselt, Hans Günter sogar vom 10. in ein 1./2. Schuljahr.
1981
Schulpflegschaft und Schulkonferenz beschließen am 12. November einstimmig, einen Schulversuch zum gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder zu beantragen.
Vorangegangen war:
- Ab Mitte der siebziger Jahre forderten Kolleginnen und Kollegen die Unterstützung durch Sonderschullehrerinnen und ‑lehrer, weil sie sich den Anforderungen mit den vielen schwierigen Kindern, die über den schulpsychologischen Dienst und Erziehungsberatungsstellen in unsere Angebotschule, oft an Sonderschulen vorbei, angemeldet wurden.
- 1978 erhält Erwin vom Kultusminister mündlich die Zusage, dass Sonderschullehrer und -lehrerinnen an die Schule kommen, wenn für die entsprechenden Kinder ein Sonderschulaufnahmeverfahren durchgeführt wird. Das Kollegium lehnt das ab. Es will keine Kinder mit Stempel und fürchtet noch größere Schwierigkeiten durch eine offizielle Integration.
- Die Schulpflegschaft hält das Thema in der Diskussion und Eltern nichtbehinderter nichtbehinderter Kinder arbeiten auf den Beschluss hin. In diesem Zusammenhang muss Hanno Möhring, der Pflegschaftsvorsitzende, mit seiner Beharrlichkeit hervorgehoben werden.
1982
Die Schule feiert ihr 30jähriges Jubiläum und gibt ihren zweiten Bildband heraus.
Der Kultusminister bringt als Geburtstagsgeschenk den Erlass zur Integration an unserer Schule mit.
Zu diesem Zeitpunkt besuchen bereits vier körperbehinderte und zwei sprachbehinderte Kinder die Schule. Neu eingeschult werden vier körperbehinderte und ein sprachbehindertes Kind. Der Transport der Kinder ist in drei Fällen nicht durch die Eltern zu leisten. Auf den ersten Klassenpflegschaftsversammlungen des Schuljahres sammeln die Eltern Geld. Dafür transportiert Volker als arbeitsloser Sozialpädagoge die Kinder jeden Tag in einem alten R4 zwischen Schule und Elternhaus. Eine Sonderschullehrerin mit halber Stelle und zwei Kolleginnen mit je sechs Stunden werden an die Schule abgeordnet. Die abgeordneten Sonderschullehrerinnen sollen jährlich abgelöst werden. Gegen dieses Verfahren wehren sich mit Erfolg die Grundschullehrerinnen und -lehrer.
Die ersten beiden Schafe kommen aufs Schulgelände. Also noch ein Jubiläum.
1983
Erst jetzt ist das Kollegium so weit, dass es sich die beiden ersten geistig behinderten Kinder zutraut.
Im Schuljahr 83/84 entsteht der Film „Florian, ich bin auch dabei“.
1984
Die Gesamtschule Höhenhaus, bis dahin unser Partner und Hauptabnehmer im Sekundarbereich, beschließt, unsere behinderten Kinder nicht zu übernehmen. In der Gesamtschule Holweide beginnt die Diskussion um die Weiterführung der Integration.
Unsere Kollegin Ulla Kostenzer stirbt ganz plötzlich.
1985
Der „Verband Katholischer Mädchensozialarbeit“ stellt der Schule vier ABM-Stellen zur Verfügung.
1986
Die Gesamtschule Holweide übernimmt die ersten behinderten Kinder. Eine enge, bis heute andauernde Partnerschaft beginnt.
Das „Blaue Haus“ brennt!
Große Raumnot, Unterricht in der Mensa, der Feierhalle und der Bücherei, Freizeit im Keller.
Die Stadt will nicht wieder aufbauen. Harte Auseinandersetzungen und eine turbulente Schulgemeindeversammlung wenden das Blatt. Unser Karnevalsorden ist ein Zelt mit der Aufschrift „Freizeit im Grünen“.
Zum Weihnachtsbasar wird das renovierte Blaue Haus eingeweiht.
1987
Eine Dienstbesprechung im Kultusministerium regelt einige Besonderheiten für die Integration an der Petersen-Schule, so das Sonderschulaufnahmeverfahren, Aufnahmekriterien und die Anbindung der Sonderschullehrer- und lehrerinnen. Hier der entsprechende Protokollausschnitt:
TOP 3. Anbindung der Sonderschullehrer
Hinsichtlich der Einbindung der an der Grundschule tätigen Sonderschullehrer in die Arbeit dieser Schule und ihre Anbindung an die Herkunftsschule wurden folgende Regelungen vereinbart:
3.1 Ob die an der Grundschule tätigen Sonderschullehrer in Unterricht und Schulleben dieser Schule vollständig oder nur stundenweise eingebunden werden sollen, ist an Hand der konkreten Situation zu entscheiden; eine Generalisierung ist nicht sinnvoll. Für die spezifische Konzeption der Peter-Petersen-Schule ist nach Möglichkeit sicherzustellen, dass die Sonderschullehrer mit ihrer gesamten Stundenzahl in der Peter-Petersen-Schule eingesetzt werden.
Die Stadt übernimmt zwei der ABM Stellen vom „Verband katholischer Mädchensozialarbeit“ für die Schule. Vorübergehend muss der Förderverein als Träger fungieren.
1988
Die Ergebnisse schulischer Bildung allgemein führen langsam zu der Einsicht, dass programmierter Unterricht, ausschließlich wissenschafts- und lernzielorientiertes Arbeiten, möglichst Homogenität durch äußere Differenzierung, einseitige Leistungsanforderungen, strenge Leistungskontrollen und ein Schrottberg komplizierter technischer Medien dem Menschen in der Gesamtheit seiner Lebensansprüche nicht gerecht werden. Wir haben uns den Schlüssel zur Welt abgeschnitten.
Endlich gibt es Krankengymnastik an der Schule. Jahrelang wurde der Schwarze Peter zwischen Landschaftsverband – an dessen Schule die körperbehinderten Kinder statistisch geführt werden – und der Stadt, als Schulträger, hin und her geschoben.
1989
Alle AB-Maßnahmen aus dem „Verband Katholischer Mädchensozialarbeit“ müssen zurückgezogen werden, weil die neu festgelegten Trägeranteile nicht mehr finanzierbar sind. Mit den Maßnahmen hat die Schule in den letzten Jahren den Kindern, die in den Schülerläden keinen Platz mehr fanden, über die Blaue-Haus-Gruppe eine Rundum-Betreuung verschaffen können.
Ab Schuljahr 1989/90 gibt es nur noch Stammgruppen mit Kindern aus allen vier Schuljahren.
Die Elternpflegschaft beschließt die 3. Elterninitiative, die als Träger der Freien Jugendhilfe ein Hortangebot macht. Der „Rosenmaar-Ganztag e.V.“ wird aus der Taufe gehoben. Der Förderverein übernimmt Barbara in ein 3. ABM-Jahr, was Arbeitsplatzgarantie bedeutet. Eine ganz windige Sache für Leute mit guten Nerven. (Das hier zu dokumentieren ist richtig, weil es noch aktive Zeitzeugen gibt). Vater Edgar Keller schaufelt juristische Wege frei, die Erwin nie nachvollziehen kann, und Konrektor Werner bringt seine außerschulischen Erfahrungen ein und leitet quasi ein Personalbüro.
Erwin macht zum zweiten Mal eine positive Erfahrung mit Schulverwaltung, unglaublich, vielen wird es stinken, es ist aber so! 1967, Ihr müsst zurückblättern, ist es der Leiter des Schulverwaltungsamtes, Norbert Burger, der sich durch Argumente überzeugen lässt. Ohne ihn gäbe es die Schule heute nicht mehr. Jetzt ist es der Superdezernent, Lothar Ruschmeier. Er ist verantwortlich für Schule und Jugend. Es gibt keine Kompetenzschwierigkeiten zwischen Schulamt und Jugendamt. Und er ist Argumenten zugänglich. Er signalisiert, dass die Hortaufgaben der Schülertagesstätten die Stadt übernehmen würde. Das muss eigentlich im Interesse der städtischen Schule sein, endlich ein Träger! Die Eltern – und Schulen leben von Eltern und deren Kindern – entscheiden sich gegen dieses Angebot, weil sie zu starke staatliche Einflussnahme befürchten.